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13 November

01.11.13  

Meine ägyptische Freundin schickt mir Graffiti-Fotos aus Kairo, die sie gestern aufgenommen hat.





Die Muslimbrüder (LINK) rufen zu neuen verstärkten Demonstrationen weltweit auf. Heute schreibt auch meine Lieblingsreporterin (LINK) auf Spiegel-Online über Bassem Youssef. Der Prozess gegen Mursi beginnt allerdings, nicht wie sie schreibt am Samstag, sondern am Montag. Ich merke, ich bin schon heute mit dem Herzen halb in Ägypten. Alles, was hier passiert, unter anderem dass mein Kreuzberger Bundestagsabgeordneter Ströbele in Moskau mit Snowden gesprochen hat (auch ein Coup), interessiert mich nur am Rande.

Alle Zugänge zum Tahrirplatz sind von Panzern des Militärs abgesperrt. Deshalb ist er nach den Freitagsgebeten gähnend leer. Ich hoffe, dass meine ägyptische Freundin mit mir in der nächsten Woche da hingeht. Am Sonntag soll US-Außenminister Kerry für ein paar Stunden nach Kairo kommen. Einen Tag, bevor der Prozess gegen Mursi beginnt. Ob das stimmt, weiß niemand. Wenn er kommt, wird sich niemand in Ägypten darüber freuen. Aber mutig wäre das schon. Ein Besuch in einem Wespennest.
Ein Nachtrag: Julia Gerlach hat vor drei Tagen auch über Bassem Youssef in der Frankfurter Rundschau (LINK) berichtet. Der gleiche Text erschien auf heute.de und in der Berliner Zeitung.

02.11.13   Gestern Nacht sollte die zweite Episode von Bassem Youssefs Show gesendet werden. Zum Sendungsbeginn (LINK) wurde sie abgesagt. Alle großen Zeitungen berichten das. New York Times (LINK), Washington Post (LINK), Guardian (LINK). Sogar der Spiegel.

Meine Tochter Joya kommt zu mir zum Frühstück. Wir sprechen drei Stunden miteinander über alles Mögliche, denn seit der Premiere ihres letzten Films "Love, Yesterday" am 28. August hatte ich sie nicht mehr gesehen. Morgen beginnt sie mit den Dreharbeiten zu einem neuen Film.

Schon wieder eine Zeitreise: meine Tochter Joya vor vierundzwanzig Jahren. Wir haben heute auch über das Sterben gesprochen.
03.11.13  
Noch ein Kommentar zu Bassem Youssefs nicht gesendeter Episode. Kerry ist tatsächlich heute morgen in Kairo angekommen und sagt bei einer Pressekonferenz freundliche Worte.

Auf dem Flohmarkt am Marheineckeplatz finde ich endlich einen Nußknacker, den ich mit einem Sack voller Walnüsse nach Ägypten exportiere.
04.11.13   Der Flug nach Wien war brechend voll. Neben mir auf der anderen Gangseite saß Otto Schily. Ich habe während des ganzen Flugs an die Viennale denken müssen, die in diesem Jahr ohne einen Film von mir stattfand und habe die Viennale-Seiten des Standard komplett gelesen.

Flughafen Wien. Morgens 9 Uhr.

Ein Videospiel.

Der Flieger nach Kairo ist nur halbvoll. Landebahn des Flughafens von Kairo in der Wüste.

Der riesige Flughafen ist gähnend leer. Auf der Fahrt in die Stadt zeigt mir meine ägyptische Freundin all die Orte, an denen es in den letzten eineinhalb Jahren zu Auseinandersetzungen zwischen Mursi-Anhängern und Mursi-Gegnern gekommen ist. Mursi, dessen Gerichtsverhandlung heute begonnen hat, hat sich geweigert, die weiße Gefangenen-Uniform anzuziehen und die Richter angeschrien: Ich bin der rechtmäßige Präsident. Die Verhandlung wurde auf Januar vertagt.

Meine ägyptische Freundin hat wie bei meinem ersten Besuch in Kairo vor vier Jahren ein Abendessen bestellt.
05.11.13   Heute ist in Ägypten Feiertag. Die Muslimbrüder haben zu einem neuen "One Million-Man-March" (LINK) aufgerufen, doch niemand kommt. Auf den Straßen ist vormittags so gut wie nichts los. Die meisten Geschäfte machen erst ab 12 Uhr auf.

Tahrir. 12 Uhr.

Gestern war der Tahrirplatz gesperrt, heute nicht. Wir laufen fast drei Stunden durch die Straßen in der Umgebung des Tahrirplatzes.





Das war früher das Gebäude der ägyptischen Börse…

…jetzt dient es anderen Zwecken. Auch dieses Schild dürfte veraltet sein.

Die alte Markthalle. Da bin ich früher schon mal durchgegangen, und es hat stark nach Fisch gestunken. Jetzt bin ich lieber draußen geblieben.

Ein Schaufenster. Wenn die Muslimbrüder weiter regiert hätten, wäre diese sehr freizügige Art der Schaufenstergestaltung nicht möglich gewesen.
06.11.13  










Das 8 Jahre alte Mädchen, das bei einer koptischen Hochzeitsfeier getötet wurde.







Die Interrimsregierung breitet ein Gesetz vor, dass Graffiti verbietet.

Die Straße vor dem Haus meiner ägyptischen Freundin im Morgenlicht. Ich habe heute morgen eine Mail von Ute Freund erhalten, und schon fällt mir das Licht auf.
Wir wollen zu den Pyramiden fahren, um zu sehen, ob es da tatsächlich keine Touristen gibt.

Der Weg zu ihnen ist steinig. Wir werden von extrem agressiven jungen Männern attackiert, die uns an der Weiterfahrt hindern wollen und weil unser Fahrer sich nicht auf sie einlässt, mit Fäusten wütend auf das Taxi einschlagen. Vor der Einfahrt stehen zwei Panzer des Militärs und überall sind Polizisten mit weißen Uniformen. Nach etlichen Diskussionen und nachdem wir die Einlassgebühr bezahlt haben (zwei Pfund für meine Freundin, 80 Pfund für mich als Ausländer), dürfen wir in das abgesperrte Gelände reinfahren.

Meine Freundin fotografiert die Cheopspyramide…

…und das ist ihr Foto…

…und das ist meins.



Kairoer Journalisten denken nach dem ersten Tag der Gerichtsverhandlung gegen Mursi über die Zukunft nach. Erich Trager in Atlantic Monthley (LINK), Sandmonkey in Daily News Egypt (LINK). Ich erzähle meiner ägyptischen Freundin, dass Sandmonkey das wesentliche Problem in der Person des Innenministers sieht. Sie sagt: Klar, der hat unter Mubarak Leute getötet, dann unter Mursi und jetzt unter Sisi.

07.11.13  
Heute morgen. Morgenrot Schlechtwetterbot. Das habe ich in Kairo noch nie gesehen. Und tatsächlich ist ab Mittag der Himmel grau. Trotzdem ist es noch immer ungewöhnlich heiß. 26 Grad am Tag und 22 Grad in der Nacht.

Im Hintergrund die Mohammed Mahmud Street mit ihren Grafitti.

Hier ist kurz vorher eine ziemlich große Ratte entlang gelaufen. Auch hier jenseits der Mauer die Mohammed Mahmud Street.



Eine Ausstellung in der Amerikanischen Universität.

Die Buchhandlung in der Amerikanischen Universität.

Ein ganz besonders schönes Buch.

Im Garten der Amerikanischen Universiät ein Wiedehopf.

Staubige Gummibäume gegenüber einem Laden für süße Backwaren, den meine Freundin gar nicht mehr verlassen will.

Der älteste Baum in Kairo. Auch ein Gummibaum.

Ein elektrisches Klavier habe ich bisher nur in amerikanischen Western gesehen.
09.11.13  

Eine Zweitagereise zum "Bauernhof" meiner ägyptischen Freundin im Nildelta.

Der Nil. Im Vorbeifahren.

Der Weg und die Felder kurz vor dem Hof.

Das Wohnhaus. 1927 erbaut.

Viele Teile der Hausmauer sind abgebröckelt und wurden neu verputzt.

Das Haus von vorn. Bei meinem ersten Besuch vor vier Jahren war der Baum riesengroß.

Meine ägyptische Freundin wandert mit ihrer französischen Freundin, die nur einmal vor 25 Jahren da war, durch den Garten.

Wie immer ein traditionelles Mittagessen zur Begrüßung.

Meine ägyptische Freundin und ihr Gutsverwalter Zakariya.

Der wichtigste Teil unserer Reise. Meine ägyptische Freundin überreicht ihm ein Buch, in dem er auch eine wichtige Rolle spielt. Es ist ein sehr feierlicher Augenblick.

Am Abend wollten wir fernsehen. Irgendwas, aber der Fernseher, für den vor vier Jahren eine neue Satellitenschüssel auf dem Dach aufgebaut wurde, funktionierte nicht. Der Sohn von Zakariya wurde gerufen und mit zwei anderen hat er zwei Stunden lang versucht herauszufinden, wo der Fehler liegt. Dann endlich wurde seine Hartnäckigkeit belohnt und, um mir eine Freude zu machen, hat er auf einen deutschen Kanal geschaltet. Immerhin konnte ich ZDF-Heute und am Ende das Wetter in Deutschland sehen.

10.11.13  
Überall um das Haus herum wachsen Bougainvilleas.



Datteln.

Eine Agavenart.



Hier habe ich, wie schon vor 4 Jahren, geschlafen. Geschützt durch Autan.

Ganz Ägypten ist eine Baustelle. Um Kairo herum und auf dem Land entstehen neue Häuser. Auf dem Weg sehen wir jede Menge Ziegelsteinfabriken.

Diese Häuser am Rande eines Dorfes wurden von der Armee schon fünfmal zerstört, aber immer wieder aufgebaut.

Die schwarzen Kugeln sind Bambusblätter, die auf diese Art getrocknet werden. Man braucht sie zum Hausbau.

Die Poster des Ex-Präidenten Mursi zerfallen so langsam.

Der vielleicht künftige Präsident von Ägypten Al-Sisi.

Ein Fischer zieht sein Netz ein. Dass in diesen verdreckten und zugemüllten Flussarmen Fische schwimmen, erstaunt mich, und dass diese dann auch gegessen werden, ist noch ein größeres Wunder.
Heute abend komme ich endlich dazu, diesen Text "Sisi's Egypt" (LINK) auf openDemocracy zu lesen. Ein langes Interview, aber lesenswert.
11.11.13  
Häuser, aus denen die ägyptische Fahne hängt, sind für die Revolution. Also gegen die Muslimbrüder.

Ein Auto, das vielleicht ein paar Tage nicht benutzt wurde.

Die Mehrzahl der Autos in Zamalek wird von den Hausmeistern täglich gewaschen. Das Zeichen dafür ist, dass die Scheibenwischer herausgeklappt sind.

Viele Autos werden von ihren Besitzern mit einer Abdeckung überzogen.

Am Nilufer. Da ich auch gefilmt habe, kommt sofort ein Security-Mann zu mir. Ich sage: Oh, it's so beautiful und stecke meinen Fotoapparat weg.

Während der Herrschaft der Muslimbrüder gab es in Kairo eine Zeit, in der man keine Dollar mehr bekam. Weder in einer Bank, noch hier. Nur auf dem Schwarzmarkt.

Der Nil. Von unterhalb einer Nilbrücke fotografiert. Als ich nach Hause gehe, tippt mich ein junger Mann an und zeigt mir, dass mein Jackett total verdreckt ist. Ich denke, es ist Vogelscheiße. Er zieht ein Tempotaschentuch heraus, und beginnt das Jackett damit sauber zu machen. Der Dreck geht nicht weg. Ich will weitergehen. Da gibt er mir mein Portemonnaie in die Hand, das vorher in der Innentasche des Jacketts war. Ein anderer Mann sagt zu mir, ich soll nachschauen, ob mir Geld gestohlen wurde. Ich tue das, kann aber nicht entdecken, das etwas fehlt. Der erste Mann hätte das Portemonnaie mitnehmen können und ich hätte das nicht einmal bemerkt. Das Ganze ist mir absolut rätselhaft.

Die Nilinsel Zamalek ist voller Botschaften. Die man nicht fotografieren darf. Dieses Gedenkschild musste ich trotzdem fotografieren. Jetzt residiert in diesem Palast die kanadische Botschaft. Außerdem gibt es eine unglaubliche Anzahl von Schulen. Morgens bei Schulbeginn und mittags nach Schulende sind alle Straßen hoffnungslos verstopft mit Schulbussen und den Autos der Eltern.
Trotz meines merkwürdigen Abenteuers heute morgen, fühle ich mich wieder wohl hier. Ich habe den Dreck von meinem Jackett abgewaschen und muss daran denken, dass ich in 3 Tagen 74 Jahre alt werde. Meine ägyptische Freundin hat mir zum Geburtstag dieses Jackett geschenkt. Es gefiel mir auf Anhieb.

12.11.13  

Gestern Nacht bin ich erst kurz nach Mitternacht ins Bett gekommen. Sowas passiert mir nur ein oder zweimal im Jahr. Meine ägyptische Freundin hatte zu einer Party eingeladen. Wir haben viel über Politik geredet.

Laura, die Tochter meiner ägyptischen Freundin, ist genau so alt wie meine Tochter Joya.

Beim Anschauen eines Films über eine neue ägyptische Bauchtänzerin auf einem iPhone.
Ein Artikel von Alaa Aswany in der New York Times (LINK) zur Situation in Ägypten.
Meine ägyptische Freundin muss heute den ganzen Tag arbeiten. Ich gehe alleine Mittagessen in die Trattoria, die dem Sohn von Omar Sharif gehört. Da sitzen ab 14 Uhr Männer mit Anzug und Krawatte, manche in Begleitung grauhaariger älterer Damen. Ich esse Spaghetti alio e olio. Dass da auch Pepperoncino dabei ist, hatte ich vergessen. Ich musste sehr langsam essen und meine Lippen brannten.



Total verstopfte Straße. Schulbusse und Eltern, die ihre Kinder von der Schule abholen.

In diesem Sack steckt der Müll, der später abgeholt wird. Zumindest in Zamalek hat sich die Müllsituation verbessert.

Ein Straßenhändler mit frisch gebratenen Süßkartoffeln. Nicht alle Leute, die in Zamalek wohnen, sind reich. Gestern war ich in einer Wohnung im 5. Stock, die 360 Quadratmeter groß war.

13.11.13   Meine ägyptische Freundin fragt mich heute morgen, was ich gerne machen möchte. Ich sagte, ich will zur Rabaa-Moschee, da wo im Juli und August die Mursibrüder ihr gigantisches Sit-In gemacht haben. Sie sagt ok, und dann zeige ich dir Heliopolis. Das gefällt mir, denn ich weiß aus seinen Tweets, dass da am Roxyplatz Sandmonkey wohnt.

Ab hier war diese sechsspurige Straße im Juli und August von den Muslimbrüdern durch Barrikaden gesperrt worden. Man muss das sehen, um wirklich zu verstehen, was das für eine Stadt wie Kairo bedeutet. Sie haben sich da im Laufe eines Monats ausgebreitet wie ein Krebsgeschwür. Und gleich nebendran war ein riesiges Militärgebiet. Eine größere Provokation kann ich mir nicht vorstellen. Fotos, sagt meine ägyptische Freundin, darf ich nicht machen. Also kann ich nur aus dem Taxi fotografieren.

Die seit 2 Tagen wiederhergestellte Rabaa-Moschee. Auch da darf ich nicht rein.

Das Militär hat vor der Moschee ein neues Denkmal errichten lassen. Leider kann man seine "Schönheit" durch die Verkleidung nur erahnen.

Das Zentrum von Heliopolis. Die Häuser sind um 1905 gebaut worden.



Das Café Groppi.

Eine Nebenstraße um die Ecke. Hier waren auch früher, als Kairo von Touristen überschwemmt wurde, keine.









Architektur.

Mädchenkleider.

Noch mehr Heliopolisarchitektur.

Hier gibt's Fische.

Diese Schildkröte soll seit vielen Jahren für das Geschäft Reklame machen.

Ein paar Meter weiter gibt es das beste Döner von ganz Kairo. Es ist unser Mittagsessen. Ich will unbedingt zum Roxyplatz.

Am Roxyplatz gibt es ein Roxy-Kino.

Der Kinoeingang.

Der Kinoausgang.

Ein Hochhaus am Roxyplatz. Ich frage mich, ob hier Sandmonkey wohnt…

…oder hier. Er hat, als die Muslimbrüder sich auf dem Roxyplatz einmal versmmeln wollten seinen Balkon mit bester Aussicht gegen Bezahlung (für ausländische Journalisten) angeboten.
Bei einer Pressekonferenz der Anwälte von Mursi, haben die seine Botschaft an das ägyptische Volk (LINK) vorgelesen. Er ist entschlossen, weiter Präsident zu bleiben und plant aus dem Gefängnis gerichtliche Klagen gegen die, die ihn gestürzt haben, einzureichen.

Ab morgen gibt es in Ägypten keinen Ausnahmezustand und keine Ausgangssperre. Die Muslimbrüder glauben ihre Chance nutzen zu können und den Tahrirplatz zu besetzen. Wenn sie nochmal dafür Anhänger finden, was ich für möglich halte, wird es wieder Tote geben und die internationale Presse wird schreiben, dass Ägypten eine "faschistische" Militärdiktatur geworden ist. Vielleicht wollen sie das. Ich kann und will das nicht glauben. Nach 10 Tagen hier und vielen Gesprächen. Auch was die vielen Taxifahrer sagen, ist wichtig.
14.11.13   Heute Nacht habe ich geträumt, dass ich Sandmonkey treffe. Er saß auf der Terrasse eines Cafés und trank Tee. Ich habe ihn angesprochen und sofort angefangen, mit ihm ein Interview zu machen. Beim Nachdenken darüber, was ich ihn fragen könnte, bin ich aufgewacht.

Meine ägyptische Freundin im Café Riche.



Wir warten im Büro eines Kairoer Rechtsanwalts auf den Rechtsanwalt.

Ein alter Safe aus der Schweiz. Er lässt sich nur mit drei Schlüsseln öffnen und wird noch benutzt.

Eine kleine Demonstration gegen Gewalt gegenüber Frauen.

Grabmal von Präsident Nasser.

Dahinter ist der riesige Präsidentenpalast. Für Mursi war er ohnehin zu groß.

Noch ein Haus in Heliopolis.

Vielleicht sollte ich Mona-Lisa im Drehbuch mit "z" schreiben?
Jetzt bin ich 74 Jahre alt. Zum Geburtstag heute schenkt mir meine ägyptische Freundin Kunstgenuss. Unter anderem.

Vor der Schule neben meinem Haus steht dieser Mann mit Zuckerwatte.

In diesem Palast, der einmal ein Wohnhaus war, finden Kunstausstellungen statt.

Diese hier heißt Nostalgia und zeigt Bilder von berühmten ägyptischen Schauspielerinnen, Sängerinnen und Bauchtänzerinnen.





Im Park vor dem Haus stehen größere Kunstobjekte.



Ein Moana-Blogleser schickt mir dieses Kalenderblatt zum Geburtstag.
15.11.13   Gestern Nacht gab's eine Geburtstagsparty für mich. Mit einer Überraschung. Es ging bis ca. 1.30 Uhr. So lange bin ich seit einer Ewigkeit nicht mehr wach geblieben.



Stehend. Die Gastgeberin, die sich diese Überraschung ausgedacht hatte.



Das war die Überraschung. Mein Geburtstagskuchen. Das Zerschneiden des Kuchens möchte ich lieber nicht zeigen. Es könnte zu Missverständnissen führen.
Ich liebe Ägypten. Wenn es geht, möchte ich auch meinen 75. Geburtstag hier feiern.
Heute schreibt Sandmonkey (LINK), was er täte, wenn er Premierminister der augenblicklichen Regierung von Ägypten wäre. Und ich muss leider zurück nach Berlin fliegen.
16.11.13   Gestern Nacht um 11.30 Uhr war ich am Flughafen. Leider musste ich eine Stunde warten, bis die Check-In-Schalter der Lufthansa besetzt waren. Aber ich war nicht ganz alleine. Die Klimaanlage da sorgte da für eine Vorahnung auf Berliner Temperaturen.

Danach Passkontrolle, ein sehr lockerer Security-Check. Dann endlich konnte ich in die Business-Class-Lounch, wo es warm war. Der Raum war ziemlich voll und irgenwie renovierungsbedürftig. Auf der Suche nach einem freien Sitzplatz spricht mich unvermittelt ein Mann an: You finally made it. Ich frage: What do you mean? Er sagt: You don't look like business. Ich möchte nachfragen, aber er macht eine Geste, die ich als "hau ab!" interpretiere. Also gehe ich weiter, denn Auseinandersetzungen mit Ägyptern können gefährlich werden.

Aus einer größeren Entfernung mache ich später dieses Foto von ihm. Zur Erinnerung. Ich denke lange nach, warum er so reagiert hat und komme schließlich zu der Überzeugung, dass seine Bemerkung ein Ausdruck der immer größer werdenden Xenophobie in Ägypten war. In meinem Flugzeug nach Frankfurt ist er nicht gewesen. Vielleicht hätte ich ihn dann nochmal darauf angesprochen.
Im Flugzeug dann kam die nächste Überraschung. Es startete absolut pünktlich um 3:30 Uhr (2:30 Uhr deutscher Zeit) und kurz nach dem Start wurde ein Mini-Frühstück serviert. Ich hätte jetzt lieber ein Abendessen gehabt. Mit einem oder zwei Gläsern Rotwein. Okay, die beiden Rotweingläser bekam ich, aber das Frühstück habe ich verschmäht. Außerdem wurde ein vierseitiger Fragebogen auf deutsch, englisch und arabisch verteilt, wo man seine Beurteilung des Flugs hätte der Lufthansa mitteilen können. Ich bin darüber eingeschlafen. Mein Fazit: Business-Class-Fliegen mit der Lufthansa ist Geld, das man aus dem Fenster schmeißt (mein Flug hätte normal dreitausend Euro gekostet). Auch der Sitzabstand ist inzwischen so wie in Billig-Airlines.
Ok, dann die Landung in Frankfurt. Irgendwo weit draußen auf diesem viel zu großen Flughafen und mit 2 Bussen gut zehn Minuten Fahrt zum Ankunftsgate. Etwas war neu, Die Polizei kontrollierte die Pässe aller Passagiere bereits am Flieger. Bevor man den heiligen deutschen Boden betreten konnte. Das hab ich noch nie erlebt. Dann wieder Passkontrolle und Zollkontrolle. In einer Plastiktüte vom Kairoer Duty Free Shop hatte ich zwei Stangen Gauloises rot. Ich wurde zur Seite gebeten und vom Zollbeamten darüber informiert, dass nur 200 Zigaretten, also eine Stange, zollfrei sind. Ich sagte, dann nehmen Sie die einfach. Er sagte, das geht nicht, ich müsse sie jetzt verzollen und auch noch eine Gebühr dafür bezahlen.

Pro Zigarette 19 Cent plus Strafe. Das waren die teuersten Zigaretten, die ich je gekauft habe. Im Duty-Freeshop in Kairo werden zwei Zigarettenstangen eingeschweißt verkauft. Einzeln kriegt man die gar nicht. Ich lerne.
Mein Vater, dessen Alter ich jetzt erreicht habe, hat oft zu mir gesagt: Man wird so alt wie eine Kuh und lernt doch immer wieder was dazu.
17.11.13  

Heute ist Vollmond, und ich fahre durch den Nebel zu meinem Bauernhof. Da haben mich zwei Geburtstaggeschenke erwartet:

die Schlöndorff-Autobiographie von Karlheinz Oplustil soll mich zum Schreiben einer eigenen Autobiographie ermuntern…

…und der neue Film von Hong Sang-soo, den mir die Viennale geschickt hat.

Mein Garten sieht schon winterlich aus. Die Tiefsttemperatur der letzten 17 Tage war minus 2 Grad.

Meine 3 Bananenstauden haben das überlebt, weil sie hier etwas geschützt standen. Jetzt habe ich sie in ihr Winterquartier in das obere Badezimmer getragen.

Danach bin ich nach der langen Pause wieder aufs Fahrrad gestiegen. Wie erwartet hat sich bei den Bauarbeiten auf dem Radweg nichts getan.
Ich möchte mich bei allen Lesern des Moana-Blogs, die mir nach Kairo Glückwünsche zum Geburtstag geschickt haben, ganz herzlich bedanken.

18.11.13   Der Himmel kommt mir heute so grau wie noch nie vor. Auf meinem Fahrradweg fühle ich mich total verloren.
Ich hätte noch ein paar Tage länger in Kairo bleiben müssen, denn da passiert Ungeheuerliches.


Und hier ist noch ein Video von den Feierlichkeiten heute morgen (LINK), gefilmt von einem Freund meiner ägyptischen Freundin.
Hier und in Ägypten ist es inzwischen Nacht geworden. Die Feierlichkeiten auf dem Tahrirplatz gehen weiter. Ich habe gerade eben mit meiner Ex-Exfrau Karin Thome, die in Los Angeles lebt, zum erstenmal geskypt.


19.11.13   Das neue Denkmal auf dem Tahrirplatz hat nicht einmal die ersten vierundzwanzig Stunden überlebt. Die New York Times (LINK) dokumentiert das. Heute Abend soll dort auf fünf Großbildwänden das Fußballspiel um die Beteiligung Ägyptens an der WM übertragen werden.



Alle Graffiti in der Mohamed Mahmud Street sind zerstört.




Vor 14 Tagen am 5. November von mir gefilmt…

…heute morgen.
Ich lebe in drei Welten. In Kairo, in der Filmwelt und auf meinem Bauernhof. In Kairo ist bis jetzt nichts Dramatisches passiert, aber in einer Stunde (16 Uhr deutsche Zeit) beginnt das Fußballspiel Ägypten gegen Ghana. Ghana hat im ersten Spiel 6:1 gewonnen. Was wird auf dem Tahrirplatz passieren, wenn Ägypten wieder verliert?
In der Filmwelt sehne ich mich danach, den neuen Hong Sang-soo in Ruhe anzuschauen. Die ersten zwanzig Minuten habe ich gesehen und war total erstaunt. Karlheinz Oplustil habe ich geschrieben, vielleicht ist das Hong Sang-soos Antwort auf Harmony Korine.
Auf dem Bauernhof bin ich mal wieder mit dem roten Rad gefahren. Es ist nicht einfach irgendein Fahrrad, sondern eine Liebesgeschichte.
Nach dem Mittagessen habe ich mit dem Rasentraktor Laub aufgesaugt. Im Schnellgang. Also nicht perfekt.


Ägypten hat das Fussballspiel 2:1 gewonnen, aber das reicht nicht für die WM. Auf dem Tahrirplatz wurde gestern Abend ein 18jähriger junger Mann von der Polizei erschossen. Zum Vertreiben der Revolutionäre hat die Polizei Tränengas eingesetzt und den Platz von allen Seiten abgesperrt.
20.11.13   Es regnet seit heute Nacht. Ein guter Tag für allerlei Arbeiten im Haus.

Zwei Blattkakteen aus dem Dorf meiner ägyptischen Freundin. Ich werde jeden Tag mit ihnen sprechen, damit sie Wurzeln kriegen.

Meine Walnussernte in zwei Jutesäcken. Die Walnüsse im kleinen Sack sind vom alten Walnussbaum. Die im großen Sack vom jungen Walnussbaum. Ich frage mich, ob ich es noch erlebe, wenn die zwei wildgewachsenen Walnussbäume Nüsse tragen. Das soll erst nach 10 Jahren möglich sein. Dann wäre ich bereits 84.

Mein rotes Rad soll es bei diesem Wetter schön warm haben.

Bratkartoffeln aus rohen Kartoffelscheiben in der Creuzet-Pfanne. Auch das geht wunderbar. Auf der kleinsten Flamme brennt nichts an.
Ganz frisch von meiner ägyptischen Freundin aus Kairo. Die Graffiti-Veränderung hat schon begonnen.

21.11.13  












Der von Panzern abgesperrte Tahrirplatz.

Das teilzerstörte Monument für die Märtyrer. Im Hintergrund die Mugamma.
Ich habe gestern Abend "SUPERGIRL" auf DVD gesehen. Nach einer HD-Abtastung vom Negativ. Ein merkwürdiges Gefühl. "SUPERGIRL" sah so frisch und neu aus, als sei er gerade gedreht worden. Dabei sind seit dem Drehen 43 Jahre vergangen.
Es ist ein Film wie ein Comicstrip, und die Sätze, die die Figuren darin sprechen, wirken wie Sprechblasen. Absolut unrealistisch. Aber ich habe ihn damals gedreht, als sei das die Wirklichkeit.
Zwei Besprechungen von "SUPERGIRL" (LINK) von Norbert Grob und Lukas Förster.


Hong Sang-soo "U ri Sunhi"

SUPERGIRL: Iris Berben und Marquard Bohm.

Draußen vor dem Schaufenster steht Rainer Werner Fassbinder und schaut rauchend zu.

Für diese kurze Szen habe ich damals Klaus Lemke nach Madrid einfliegen lassen.

Auf diesen Comic, der von den Abenteuern des Journalisten Spider Jerusalem in einer fernen Zukunft erzählt, bin ich durch einen Tweet von Sandmonkey aufmerksam geworden.

Auch heute morgen stehen immer noch Panzer auf dem Eingang zum Tahrirplatz.
22.11.13  

Meine ägyptische Freundin findet dieses Panzerbild schöner. Sie hat es heute zu ihrem Avatar auf Facebook gemacht.



Hier wird Robert Bradley, Trainer der ägypitischen Fußballnationalmannschaft interviewed. Er will nicht zurücktreten.

Nochmal die Panzer. Hier wird endlich übersetzt, was auf der Grafitti-Mauer auf arabisch geschrieben ist:
"Kill, unclothe, jail and pretend it's all good." Meine ägyptische Freundin sagt, es ist ein Wunder, dass das Militär das zulässt.
Was macht ein 74jähriger Filmregisseur, der noch topfit ist, aber keinen Film machen kann, wenn ihm wie durch ein Wunder ein vor einem halben Jahrhundert gemachter Film wie ein neuer Film ins Haus flattert. Die Digitalisierung macht dieses Wunder möglich.
Gestern Nacht hat mein kleiner Laptop viele Stunden gearbeitet, um aus einer 128 GB-Filmdatei eine Blu Ray zu machen. Brennen kann ich die allerdings erst in Berlin, denn nur da habe ich einen Blu Ray-Brenner.
Ich habe früher, als ich nach Berlin gezogen bin, die Frage nach meinem Lieblingsfilm immer beantwortet: SUPERGIRL. Vielleicht hatte ich dabei das Gefühl, es ist ein ungeliebtes Kind. Viele Jahre später hat nur Alf Bold im Arsenal-Kino, der immer wieder dafür gesorgt hat, dass Retrospektiven meiner Filme im Arsenal (in der Welserstraße) gezeigt wurden, meine Einschätzung meines Werks bestätigt. Heute bin auch ich überrascht über das, was ich damals gemacht habe.

Supergirl-Iris Berben im Ferrari.

Supergirl in Zürich.

Supergirl im Bett in Zürich.

Supergirl bei Mister Polosky in Madrid.

Supergirl beim Abendessen in Madrid. Ganz links Isolde Jovine, seine Assistentin, die bei "DETEKTIVE" meine persönliche Assistentin war, weil der große Produzent Carol Hellman zu mir gesagt hatte: Rudolf du brauchst eine persönliche Assistentin. Als er den 140 Minuten langen Rohschnitt gesehen hatte und mir für viele Wochen für die "Postproduktion" (das Wort existierte damals noch gar nicht) kein Geld gegeben hat (der ausgefüllte Scheck lag auf seinem Schreibtisch ), hat sie sich vor ihm hingekniet und geweint. Das hat ihm gefallen und dann hat er ihr den Scheck gegeben. Das war noch KINO - in Deutschland.

Supergirl-Iris Berben entdeckt im Salon eines Starfriseurs, dass sie verfolgt wird.

Marquard Bohm muss mit dem Ford Thunderbird durch die Hauptstraße von Madrid fahren. Er hatte nie einen Führerschein. Ich hatte Angst und lag hinter ihm auf dem Boden. Im Kino konnte man das sehen.

In der Villa von Juan Carlos durften wir drehen. Nur mit Geld für die Dienstboten. Wie mein damaliger Produktionsleiter Hans Weth das hingekriegt hat, ist mir heute noch ein Rätsel. Vor dem Dreh habe ich mit ihm gesprochen und wir haben uns sofort gut verstanden. Er sprach wie ein vornehmer Engländer.

Supergirl darf Mister Polonsky auf dem Weg zum Flughafen begleiten. Er verspricht ihr, sie in Paris mit dem zukünftigen amerikanischen Präsidenten zusammen zu bringen.

Dieser Mann verfolgt Supergirl fast von Anfang an. Auch er kommt von dem Planeten, wo sie herkommt: Affonso Beato, mein Kameramann, spielt diesen Fremdling.

Mister Polonsky hat seinen Hausdetektiv engagiert, um alles über Supergirl herauszufinden. Er findet nichts. Damals gab es weder Internet und schon gar nicht Google.
Der Detektiv, Peter Moland, hat schon in "DETEKTIVE", "ROTE SONNE" und "FREMDE STADT" in meinen Filmen gespielt. Und dann nochmal als Landarzt in "TAROT".

23.11.13   Um dieses depressiv machende Novemberwetter zu bekämpfen, steige ich aufs Fahrrad und fahre zum Körbaer See.

9 Kühe im Nieselregen.

Der Weg dahin. Auf dem nassen Radweg spiegeln sich die Bäume.

Der See. Als ich vorbeifahre, fliegt, durch mich gestört, eine ganze Entenschaar davon. Ich fühle mich als Eindringling.

Auf dem Weg zurück entdecke ich das…

…und das. Das müssen Biber gewesen sein. Beide Erlenstämme sind frisch von ihnen gefällt worden. Ich wusste, dass in einem Bach hinter dem Steinpilzwald Biber leben und habe da auch schon einmal einen schwimmen sehen, aber dass sie jetzt auch im Körbaer See sind, finde ich sehr ungewöhnlich. Wahrscheinlich haben sie sich in zwanzig Jahren überall in ganz Brandenburg ausgebreitet.
24.11.13  

Neue Fotos von meiner ägyptischen Freundin von der Mohamed Mahmud Street. Zwei Grafitti-Artisten bei der Arbeit: Ganzeer und Ammar Abu Bakr.





Seit zwei Stunden verfolge ich schon, was mit diesem Journalisten in Kairo passiert. Er ist verhaftet worden und sitzt in einer Polizeistation in Nasr City. Seine Kollegen, die das über seine Tweets erfahren, haben ihm gute Ratschläge und einen Anwalt geschickt. Das war sein letzter Tweet, bevor der Akku seines Handys leer war:

Der Mann ist cool. Offensichtlich hat er sich in der Polizeistation gelangweilt.

Inzwischen hat der Interimspräsident ein Anti-Demonstrationsgesetz unterschrieben, das ab sofort gilt und wo Demonstranten drei Tage vorher mit allerlei unmöglichen Auflagen diese anmelden müssen. Ich sag es mal einfach: wer das nicht tut kann jetzt legal erschossen werden.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Muslimbrüder sich daran halten. Im übrigen hatten auch sie, als sie die Regierung waren, ein solches Gesetz vorbereitet.

25.11.13  
Rot und Blau…

…viel Rot und ein bisschen Blau.
In Ägypten scheint inzwischen Alles (LINK) möglich. Vor drei Jahren nach der Januar 25-Revolution unter Mubarak, dann unter SCAF, und danach unter Mursi und auch jetzt unter der Interimsregierung. Die Abstimmung zur neuen Verfassung wurde jetzt in die zweite Januarhälfte verschoben. Und alles weitere, Präisidentschaftswahlen, Wahlen zum Parlament verschieben sich dadurch ins Ungewisse. Das Interview mit Amr Moussa im gedruckten Spiegel von heute demonstriert nur das absolute Unverständnis von zwei Spiegel-Journalisten angesichts der Lage in Ägypten. Amr Mussa, der Chef der Institution, die die neue Verfassung schreibt, ist dagegen ungewöhnlich klar: was ihr über uns denkt und unseren Weg zu einer Demokratie, ist Scheiße (das hat er nicht direkt gesagt, aber die insistierenden Fragen der beiden Spiegelreporter waren total nervig) und das interessiert uns daher nicht.
26.11.13   Wenn die ägyptische Politik so schnell wäre wie die Grafittikünsler auf der Mohamed Mahmud Street, würde das dem Land helfen. Die New York Times geht ausführlich auf das neue Anti-Demonstrationsgesetz ein.
Und hier die Bilder aus Kairo von meiner mutigen ägyptischen Freundin von gestern Abend.







In Kairo scheint sich die Lage mal wieder zuzuspitzen. Ein Protest gegen das Anti-Demonstrationsgesetz vor dem Shura-Council wird von der Polizei mit Wasserwerfern und Tränengas aufgelöst. Viele bekannte Aktivisten werden verhaftet. Kameras von Journalisten werden beschlagnahmt. Auf einem anderen Platz etwas später sammeln sich die Noch-nicht-Verhafteten, und neue Demonstranten kommen dazu. Das sind alles keine Muslimbrüder. Aber ich fürchte, das was jetzt passiert, wird für die Muslimbrüder sozusagen ein Leitfaden sein, wie sie es künftig machen müssen.
27.11.13  


Um diesen Film zu sehen, bin ich heute, einer Einladung des Verleihs folgend, um 12.15 Uhr ins Moviemento gegangen. Außer mir war nur ein weiterer Besucher da. Die Projektion war sehr schön und die Hauptdarstellerin noch schöner.
In Ägypten ist immer alles möglich und nichts vorhersehbar. Da wo gestern zwei Demonstrationen stattfanden, findet heute eine weitere Demonstration statt. Das Innenministerium hat diese genehmigt (LINK), ohne das irgendein Organisator eine Genehmigung beantragt hätte. Wenn man es genau nimmt, müsste auch das Innenministerium an das neue Gesetz halten und die heutige Genehmigung wäre illegal.

28.11.13  
Nach dem nächtlichen Sehen der Verfilmung von Stephan Thomes erstem Roman in der ARD, die mich nicht begeistert hat, lese ich ganz früh am Morgen diesen Tweet von Sandmonkey. Wir sind offensichtlich einer Meinung.
Danach gehe ich ins Arsenal-Kino, wo in einer Pressevorstellung 3 Filme von Howard Hawks gezeigt werden, weil ab Samstag bis Ende Januar 20 Filme von ihm gezeigt werden.

Der Weg dahin ist extrem weihnachtlich.

Ein erster Höhepunkt.

Ein zweiter Höhepunkt im Sony-Center. Aber dann der Film "Only Angels Have Wings". Ich weiß nicht, wie oft ich den Film gesehen habe. Mein vielleicht erstes Sehen ist in der früheren Zeitschrift "Filmkritik" in einem Text von Wolf-Eckhart Bühler über "SUOPERGIRL" im Münchner Eldorado-Kino dokumentiert. Da saß ich eine Reihe vor ihm im Kino und bin hinterher mit dem schwarzen Cadillac aus "SUPERGIRL" an ihm vorbeigefahren.
Heute also "Only Angels Have Wings" in einer ziemlich guten 35mm-Filmkopie im Arsenal in der englischen Originalfassung. Zwei Stunden Kino wie schon lange, sehr lange nicht mehr. Ich war noch fünf Minuten mittendrin und sehr schnell fassungslos, wie Howard Hawks erzählt. Von einer Gruppe von Männern, die bei der Ausübung ihres Berufs eine verschworene Bande sind, in die ab der dritten oder vierten Szene eine Frau gerät. Wie die Männer auf sie reagieren. Alle wollen sie auf der Stelle lieben. Und der Frau gefällt das. Nur der Chef der Männer verhält sich kühl und professionell zurückhaltend. Wie das weitergeht, wissen Leute, die Hawks-Filme kennen und ich als Bewunderer seiner Filme sowieso. Aber heute war alles nochmal anders. Nach vielleicht einer halben Stunde hatte ich Tränen in den Augen. Nicht weil einer der Männer gestorben ist, sondern aus purer Bewunderung wie Hawks ezählt. Manchmal habe ich gelacht vor Glück und hatte gleichzeitig weitere Tränen in den Augen. Das ging so bis zum Schluss. Als dann das Licht nach dem Filmende anging, hatte ich Probleme, meine feuchten Augen vor den Presseleuten zu verbergen.
29.11.13  
In diesem gigantischen neuen Baumarkt an den Yorckbrücken habe ich zwei Töpfe gekauft…

…um endlich diese Blattpflanze, deren Namen ich nicht kenne und deren Triebe seit einem Jahr in Gläsern Wurzeln gebildet haben, einzutopfen. Drei bewurzelte Triebe in einem Topf. Auf meinem Bauernhof ist das kein Problem. Hier in der Stadt schon.
30.11.13  
Die Muslimbrüder haben sich gestern, wie erwartet, nicht an das neue Anti-Demonstrationsgesetz gehalten, sondern nach wie vor weiterhin ohne polizeiliche Genehmigung demonstriert. 183 von ihnen wurden in ganz Ägypten verhaftet, allein in Kairo 106. Die Polizei hat wie immer Tränengas eingesetzt. Immerhin gab es keine Toten.
Ich muss heute zum Stuttgarter Platz, um mir eine neue elektrische Zahnbürste zu kaufen. Meine alte ist, weil ich das Ladegerät nicht dabei hatte, in Ägypten gestorben.

Wie schade, dass ich inzwischen zu alt geworden bin, um mir von diesen Leuten eine neue Küche einrichten zu lassen.

In diesem extrem bunten Haus am Stuttgarter Platz war einmal ein China-Restaurant. Dahin musste ich 1969 alle Mitglieder der Kommune 1 zum Essen einladen und sie überzeugen, dass Uschi Obermaier in "ROTE SONNE" mitspielen darf. Es ist mir gelungen.
     

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